Werkstoffe

Viele Werkstoffe des Malers und Anstreichers sind im Begriff, in der Qualität, Herstellung und Anwendung genormt.

Eine Zusammenfassung der berufseinschlägigen Nor­men (Onormen) finden sie unter dem Kapitel Bindemittel.

  • Bindemittel
  • Lösemittel
  • Pigmente
  • Lacke
  • Lackzusatzstoffe
  • Hilfsstoffe

1 Bindemittel

Die Bindemittel eines Anstrichstoffes haben die Aufgabe:

  • Pigmentteilchen untereinander und an den Unter­grund zu binden,
  • bei Außenbeschichtungen den Untergrund vor Witte­rungseinflüssen zu schützen.
Bindemittel

Klarlacke (= Bindemittellösungen ohne Pigmente oder Farbstoffe) ergeben auf dem Anstrichuntergrund einen durchsichtigen, relativ dichten Schutzüberzug.

Je nach Bindemittelanteil eines Anstrichstoffes spricht man von bindemittelreichen oder bindemittelarmen An­strichstoffen.

Die Pigmentvolumenkonzentration (PVK) gibt an, wieviel % des Gesamtvolumens Pigmentanteile sind.

Z. B. PVK 42 = 42% Pigment, 58% Bindemittel.

Alle in unserem Beruf verwendeten Bindemittel müssen trockenfähig, pigmentverträglich und weitgehend lichtbeständig sein.

  • trockenfähig
    Das Bindemittel soll innerhalb kurzer Zeit vom flüssigen in einen festen Zustand übergehen und dabei einen gut haftenden, die Pigmentteile fest umschließenden An­strichfilm bilden. In der Regel ist nach erfolgter Trock­nung eine Überarbeitung (z. B. durch erneuten Anstrich) möglich.
  • pigmentverträglich
    Das Bindemittel darf das zweckbestimmte Pigment nicht verfärben, eindicken oder chemisch verändern.
  • lichtbeständig
    Das Bindemittel soll weder bei Sonnenbestrahlung noch im Dunkeln vergilben. Diese Erscheinung tritt jedoch manchmal bei öligen Bindemitteln auf und ist besonders bei weißen Farben durch eine gelbbraune Färbung des Anstriches störend.

1.1 Mineralische Bindemittel Kalk

Kalk, der für Anstriche verwendet wird, ist kohlensaurer Kalk.


1000°nung

Der Kalkstein (CaCO3) wird ka lteinbCa(OH2 gewonnen, in Kalköfen bei einer Temtur von 1200 °C zu gebranntem Kalk (CaO) umgewandelt. Der gebrannte Kalk wird mit Wasser (H20) gelöscht und in Kalkgruben gelagert. Der gelöschte Kalk - Ca(OH2) - ist ein anorganisches Bin­demittel und zugleich Farbpigment. Beim Löschen von Kalk besteht durch Spritzer Verätzungsgefahr (Haut, Augen).


Eigenschaften

Kalkfarbenanstriche bilden eine poröse Anstrichschicht, die den Austausch von Feuchtigkeit begünstigt. Kalkfar­benanstriche werden durch schwefelige Rauchabgase in Verbindung mit Luftfeuchtigkeit zu wasserlöslichem Gips umgewandelt. Kalkfarbenanstriche an Fassaden sind deshalb nur noch begrenzt anwendbar.


Trocknung

Kalkfarben trocknen physikalisch durch Verdunsten des Anmachwassers und chemisch durch Aufnahme von Kohlendioxid aus der Luft. Nach Beendigung des Trock­nungsprozesses bildet sich wieder Kalkstein (CaCO3) —> Kreislauf des Kalkes.


Verwendung

Bindemittel für Kalkmörtelputze. Pigment und Bindemit­tel für wasserdampfdurchlässige Innenanstriche. Kalkan­striche haben pilztötende und insektenabweisende Ei­genschaften. Sie eignen sich für feuchte Räume, Keller, Stallungen usw.

Farbstarke Töne sind nicht herstellbar.

Durch Leinölzusatz verbessert sich die Verstreichbarkeit und Wischfestigkeit.


Silikatfarben

Wasserglas als wässeriges mineralisches Bindemittel ist farblos, hell, klar und etwas dickflüssig = wasserlösliches Glas.

Herstellung flüssiges

Kaliud Bindemittelroßer Hitze zusammengeschmolzen. In das Schmelzgemenge wird heißer Wasserdampf eingeleitet. Es entsteht das Kaliwasserglas - auch Kaliumsilikat genannt. Silikatfarben werden heute industriell hergestellt.


Man unterscheidet:

  • Purkristalatfarben
    ohne organische Zusätze, sind Zweikomponentenfarben mit Fixativ (anorganisches, mineralisches Bindemittel) und alkalifesten Mineralfarbpigmenten.
  • Dispersions-Silikatfarben
    sind mit hochpolymeren Kunststoff-Dispersionen angereicherte Silikatfarben. Sie werden auch als Dispersions­Silikatfarben bezeichnet. Der Vorteil gegenüber den puren Silikatfarben besteht zunächst in der größeren Lagerstabilität. Während reine Wasserglasfarben auch bei sorgfältigem Luftabschluß allmählich eindicken, bleiben Einkomponenten-Silikatfarben auch nach Anbruch lange Zeit stabil. Ein zweiter Vorzug liegt in der fleckfreien, tuchmatten Auftrocknung, die bei Puranstrichfarben oft nicht erreicht wird.

Beachte

  • Bei Silikatfarbenanstrichen die Verarbeitungsvorschriften der Herstellerfirmen genau einhalten!
  • Mineralfarschriftentzend. Glas, Werksteine, Öl-und Lackfarbenanstriche abdecken!
  • Augen und Haut vor Spritzern schützen!
  • Nicht in praller Sonne und nicht unter 8 °C streichen!
  • Werkzeuge nach der Arbeit sofort gründlich auswaschen!

Verwendung

  • Purkristalatfarbenanstriche eignen sich für wetterbeständige Fassadenanstriche und für wasch- und chemikalienbeständige Innenanstriche. Die Trocknung erfolgt durch Verdunsten der Wasseranteile und durch Aufnahme von Kohlendioxid aus der Luft (Verkiese­lung).
Purkristalatfarbenanstriche
  • Bei Dispersions-Silikatfarben kommt noch das Er­härten der Dispersionsanteile hinzu.
    Auf mineralischen Untergründen entstehen atmungsaktive, wasserdampfdurchlässige, licht- und wetterbeständige Anstrichschichten.

Wasserglasfarben

eignen sich als Imprägniermittel für feuerhemmende Anstriche auf leicht brennbaren Stoffen (wie Holz, Pappe und Gewebe) und durch pilztötende Wirkung auch für Feuchträume.


Dispersions-Silikatfarben

mit hohem Dispersionsanteil werden als Armierungsfarben zur Rißüberbrückung eingesetzt.


Zementfarben

Aus weißem Portlandzement werden fabriksmäßig unter Beigabe von Zusatzstoffen (meist Mineralfasern), weiße und pastellgetönte, pulverförmige Anstrichfarben herge­stellt, die vor dem Anstrich mit Wasser nach Vorschrift des Herstellers anzusetzen sind. Sie ergeben einen stein­harten Anstrichfilm, der wetterfest, wasserabweisend und wasserbeständig ist.

Zement bindet auch unter Wasser ab, deshalb nur so viel Farbe anrühren, wie in 6 Stunden verarbeitet werden kann!

Verwendung

Fassaden, Werk- und Fabrikshallen, Keller, Brauereien u. a. Feuchträume.

  • Der Grundanstrich ist in der Regel mit dünnflüssiger Farbe auszuführen.
  • Saugende und trockene Untergründe vor der Grundie­rung gut vornässen!
  • Die Zwischen- und Deckanstriche können jeweils nach 24 Stunden Trockenzeit des Voranstriches ausgeführt werden.
  • Bei gut erhaltenen, festen Untergründen genügen mei­stens zwei Anstriche.

Ausgehärtet, bedingt für Mülldeponie geeignet.

1.2 Wässerige organische Bindemittel

Leime und Kleister

Stärkeleim (pflanzlich)

Stärkeleime werden durch chemischen oder thermoche­mischen Aufschluß von stärkehaltigen Stoffen, z. B. Kar­toffelstärke, unter Zusatz von Harzseifen gewonnen. Heute werden sie nur noch selten eingesetzt. Stärkeleime sind nicht wasserfest und nach der Trocknung wieder wasserlöslich.


Zelluloseleim (pflanzlich)

Holzzellstoff (Zellulose) wird nach einer Vorbehandlung in Natronlauge mit Chlormethylgas (ergibt Methylzellu­lose) oder Chloressigsäure (ergibt Carboxy-Methylzellu­lose) aufgeschlossen.

Zellulosekleister, für dickflüssige Lösungen, werden ähn­lich hergestellt.

Zelluloseleime werden als Trockenleime in pulveriger Form geliefert. Mit der vorgeschriebenen Menge Wasser angerührt, ergeben sie in einer Quellzeit von 15 bis 10 Mi­nuten eine pastenförmige Lösung.


Verwendung

Zelluloseleime sind nach dem Trocknen wieder quellbar und in Wasser löslich. Sie ergeben keine wasch- und wet­terbeständigen Anstriche. Sie werden als Bindemittel für Leimfarben, als plastische Anstriche und als Spachtel-masse für Innenanstriche verwendet. Zelluloseleimfar­ben trocknen physikalisch durch Verdunsten der Was­seranteile.


Zellulosekleister

Sie besitzen gegenüber den Zelluloseleimen größere Kle­bekraft und sind dickflüssiger als diese. Ihre größere Ad­häsionskraft bewirkt eine gute Haftung beim Kleben von Tapeten.

Ausgehärtet, für Mülldeponie geeignet.

Haut- und Knochenleim (tierisch)

1.3 Dispersions-Bindemittel

Kunststoffdispersionen nehmen eine Zwischenstellung zwischen wässerigen und nicht wässerigen Bindemitteln ein. Sie sind mit Wasser verdünnbar, können mit Bürste, Roller oder Spritzapparat flott verarbeitet werden und trocknen wasserunlöslich und sehr widerstandsfähig auf.

Dispersionen sind Anstrichstoffe, die heute eine Vielzahl von früher in unserem Beruf verwendeten Anstrichstof­fen, wie die Emulsionen, fast vollständig verdrängt haben.


Emulsion (ÖI-Wasser)

Ersetzt man den öligen Bestandteil durch ein Kunstharz-polymer und versetzt die wässerige Phase mit geeigne­ten Stabilisatoren, Konservierungsmitteln u. a. erhält man ein ölfreies Dispersions-Bindemittel.


Kunststoffdispersion

Wir unter Polymerisat undiedene Arten von Polymerisat­und Copolymere-Kunststoffbindemitteln.

PVACPolyvinylacetat
PVCPolyvinylchlorid
PVPPolyvinylpropionat
PMMAPolymethamethylacrylat
SBStyrol-Butadien

Unter den Polymerisatharzen sticht besonders das Acrylatharz hervor, das zur Herstellung hochwertiger Anstrichfarben verwendet wird.

Stabilisatoren und Hilfsstoffe machen die Anstrichdisper­sion erst zu einem lagerbeständigen und verarbeitungs­fähigen Bindemittel. Ihre Zugabe Schnelleßerdem guten Verl.,aus, hchnelle

Die meisten Kunststoffdispersionen sind frostempfind­lich. Weder lagern noch verarbeiten unter 5 °C.


Filmbildung erfolgt durch kalten Fluß:

Die Trocknung der Kunststoffdispersion erfolgt durch Verdunsten des Wassers, dadurch rücken die Kunststoff­bestandteile aneinander und verkleben sich miteinander, bis sie einen zusammenhängenden, einheitlichen Film bilden.

Vollständige Aushärtung der Beschichtung erst nach mehreren Tagen.


Verwendung

Dispersionsfarben können überall dort gestrichen wer­den, wo der Untergrund tragfähig ist (Ausnahme: unge­schütztes Eisen oder Stahlbauteile). Fast alle Dispersi­onsfarben sind reine Oberflächenhafter und dringen da­her nur ganz gering in den Anstrichgrund ein. Bei der Verarbeitung von Dispersionsanstrichen ist aus diesem Grund auf einwandfreie Verankerung des ersten Anstri­ches mit dem Untergrund zu achten.

Sorten von Dispersionen und deren Verwendung

  • unpigmentierte Dispersion
  • pigmentierte Dispersion
  • Dispersionslacke

Unpigmentierte Dispersionen

  • Binder zum Selbstansetzen von wisch-, wasch- und wet­terfesten Binderfarben, als Zusatz zu Leim- und Kalkfar­ben, zur Verbesserung der Klebekraft bei Kleistern und als Überzug zum Schutze bearbeiteter Flächen.
  • Grundiermittel(Haftgrund, Putzhärter, Putzgrund) sind nichtpigmentierte, feindisperse Dispersionen zur Verfe­stigung der Putzfläche und zur Haftvermittlung zwischen Untergrund und Anstrich. Pigmente und Füllstoffe ma­chen das Bindemittel zur Dispersionsfarbe und zu Disper­sionsputz.
  • Armierungspasten mit Glas- oder Kunstfasern zur Überbrückung von Haar- und Schwindrissen in Putz­flächen.
  • Armierungskleber zur Einbettung von Armierungsge­webe.

Pigmentierte Dispersionsfarben

  • Innendispersionen (Wandfarben) mit gut deckenden Weiß- und Buntpigmenten für wasch- bis scheuerbestän­dige Anstriche auf Putz, Tapeten (Rauhfasertapeten), Akustik- und Dämmplatten. Die Farben gibt es auch mit Schimmelschutz (fungiziden und bakteriziden Wirkstof­fen).
  • Außendispersionen (Fassadenfarben) haben einen höheren Bindemittelanteil als Innendispersionen; sie sind wetter- und lichtbeständig; für Putz, Beton, Asbestzement und Zinkblech.
  • Gefüllte Dispersionsfarben werden mit Quarzmehl (Korndurchmesser bis zu 0,2 mm) angereichert. Sie bil­den dicke Anstrichschichten und eignen sich vor allem zur Einebnung rauher Strukturen auf mineralischen Put­zen.
  • Putzfüller (Spachtelmassen) mit Weißpigmenten und feinem Quarzsand zum Glätten rauher Putzflächen und Ausbessern der Löcher.
  • Künstlerfarben auf Acrylharr-Dispersions-Basis eignen sich für Malereien auf Putz, Beton, -Holz und Gewebe.
  • Vollton- und Abtönfarben mit licht-, wetter- und alka­libeständigen Buntpigmenten.

Dispersionslacke

Als Bindemittel werden meist Acrylate besonderer Fein­heit verwendet. Dadurch entstehen Lackfilme, die guten Verlauf und relativ guten dauerhaften Glanz aufweisen.

Auf Grund des geringen Pigmentanteiles decken und fül­len Dispersionslacke eher weniger gut.

Aus Umweltschutzgründen ist die Lackindustrie sehr bemüht, diese Lackart weiterzuentwickeln und zu verbes­sern.

Verwendung, Verarbeitung und Einsatzgebiete sind ähn­lich wie bei Dispersionen. Vor allem als Alternative zu lö­semittelverdünnbaren Kunstharzen.

Ausgehärtete Altfarbengebinde bedingt für Mülldeponie geeignet.

1.4 Ölige Bindemittel

Die pflanzlichen, öligen Bindemittel, die für Anstrichfar­ben verwendet werden, besitzen die Eigenschaft, sich von einem flüssigen in einen festen Körper zu verwan­deln. Die Trocknung erfolgt durch Sauerstoffaufnahme (Oxidation) und durch den Zusammenschluß einfacher organischer Verbindungen zu größeren Molekülen (Poly­merisation ). Alle öligen Bindemittel sind Verbindun­gen von Glyzerin und Fettsäuren (Fettsäureester). Die daraus hergestellten Anstrichfarben zählen zu den „irre­versiblen" Anstrichstoffen (irreversibel = lat. nicht um­kehrbar), d. h. nach erfolgter Trocknung kann ein neuer Farbauftrag erfolgen, ohne den vorhergegangenen auf­zulösen.

Durch Laugen werden auch getrocknete Öl-Farbbinde­mittel zerlegt und wasserlöslich gemacht (verseift).


Leinöl

Leinöl wird durch Auspressen des Leinsamens gewon­nen. Der Leinsamen ist die Frucht der Flachspflanze. (Die Flachspflanze dient weiters zur Herstellung der Leinen-Gewebefaser.)


Eigenschaften und Verwendung

Als eigentliches öliges Bindemittel findet Leinöl wegen seiner langen Trockenzeit keine Anwendung, doch ist es der wichtigste Stoff zur Herstellung von Firnissen, Stand­ölen, Sikkativen, Öllacken, Kitten, Öllasuren usw. Leinöl wird heute jedoch wegen der ungesättigten Fettsäuren recht häufig in LebenBleicherdenwendet.


Leinölfirnis

Trockenstoffeur HersLEINÖL von Ölfarben.

Bestandteile: Leinölfirnis besteht aus Leinöl mit Zusätzen von Trocknungsstoffen (Sikkative).

Die Trocknung erfolgt wie beim Leinöl durch SauerstoffἯspan> aufnahme und Verkettung der Moleküle.